Aargauer Zeitung 07. November 2007

MILLIONENSCHADEN Die Halle der Vianco-Arena wurde durch den Brand vollständig zerstört.
Die Feuerwehr konnte aber die Ställe (im Hintergrund) retten. ALOIS FELBER

Halle nur noch Schutt und Asche

Vianco-Arena Grossbrand hinterlässt einen Sachschaden von mehreren Millionen Franken

Als der Morgen dämmerte, waren gestern nur noch rauchende Trümmer von der erst 2003 eröffneten Viehmarkthalle der Vianco-Arena in Brunegg übrig. Ein Brand zerstörte das Gebäude samt der zurzeit dort eingerichteten Erlebnislandschaft für Fachtagungen der Firma Electrolux. Verloren ging auch das Hab und Gut der dafür engagierten Zirkusartisten.

ALOIS FELBER

«Wenn Rambo nicht gebellt hätte, wären wir alle tot.» – Roli Noirjean vom Clownduo Gaston und Roli schlief in seinem Wohnwagen direkt neben der Vianco-Halle, als ihn sein Hund mitten in der Nacht weckte. Zuerst habe er ihn dafür noch zusammengestaucht, schmunzelte der Komiker. Dann aber realisierte Noirjean, dass das prasselnde Geräusch draussen nicht vom Regen und der gelbe Schein in der Dachluke von keiner Strassenlampe stammen konnte. Als er dann die Wohnwagentür öffnete, brannte die Markt- und Auktionshalle des Brugger Viehhandelunternehmens Vianco AG bereits lichterloh.

Artisten retteten sich in letzter Minute

Es war 3.45 Uhr, als Noirjean die Feuerwehr alarmierte. Fast gleichzeitig meldete auch ein vorbeifahrender Autofahrer als Erster den Brand. Doch da stürzten schon erste brennende Teile auf die Wohnwagen der Artisten des Circus Pajazzo, der für die in den letzten Wochen in der Halle durchgeführten Fachtagungen des Haushaltgeräteherstellers Electrolux engagiert war. Zusammen mit Partner Gaston Häni schaffte es Noirjean, zwei Wohnwagen von Hand von der Halle wegzustossen. Und es gelang auch, die übrigen Artis-ten zu wecken, die sich gerade noch ins Freie retten konnten, bevor die Hallenfassade zum Teil auf ihre Wohnwagen niederstürzte.

Womit sich die eintreffenden Feuerwehrkräfte in der Folge konfrontiert sahen, bezeichnete Einsatzleiter Thomas Spinner von der Regionalfeuerwehr Maiengrün als «gigantischen Brandausbruch». Die 30 mal 50 Meter grosse Holzkonstruktion stand in Vollbrand. Insgesamt wurden fünf Feuerwehren nach Brunegg beordert: die Feuerwehren Maiengrün Mägenwil, Mellingen-Wohlenschwil, Tägerig und die Stützpunktfeuerwehr Baden mit insgesamt rund 200 Mann. Ausserdem unterstützte ein Lösch- und Rettungszug der SBB den Grosseinsatz.

130 Rinder und Kühe evakuiert

Dabei galt es zunächst, die rund 130 Rinder und Kühe in den an die Halle angrenzenden Stallungen in ein Aussengehege zu bringen und sicherzustellen, dass sich keine Personen mehr im Gebäude befanden. Das war rasch klar. Ein für die Betreuung des Viehs zuständiger Vianco-Mitarbeiter, der in dem durch eine Brandmauer von der Holzhalle getrennten Büroteil der Anlage geschlafen hatte, hatte sich aus dem Gebäude retten können.

Das Feuer in der Halle wurde von aussen mit einem massiven Löschangriff von allen Seiten bekämpft. «In die Halle hineinzugehen, wäre viel zu gefährlich gewesen», erklärte Spinner. Bis um 7 Uhr war das Grossfeuer gelöscht. Angesichts des Ausmasses des Brandes erstaunlich: Der Feuerwehr gelang es unter anderem, mit dem Einsatz von Hydroschildern die benachbarten Ställe vor einem Übergreifen der Flammen zu schützen. Vianco-Direktor Ivo Wegmann war deshalb des Lobes voll über die Leistung der Feuerwehrleute. Auch das Vieh, das deshalb rasch in die Ställe zurückgebracht werden konnte, blieb laut Wegmann vor jedem Schaden verschont.

Indes starben zwei Ziegen, die zur Dekoration der Elektrolux-Veranstaltungen in der Halle gehörten. Und von dieser blieb abgesehen von dem durch die Brandmauer abgetrennten Gebäudeteil nur Schutt und Asche. Sieben Wohnanhänger der Zirkusartisten und mehrere bei der Halle abgestellte Last- und Lieferwagen brannten aus. Auch das Zelt des Circus Pajazzo wurde beschädigt. Welchen Sachschaden das Feuer gestern insgesamt anrichtete, war vorerst nicht zu beziffern. Laut Wegmann betrugen die Gesamtinves-titionen beim Bau der Vianco-Arena 9 Millionen Franken. Nur der Gebäudeschaden wird deshalb auf mehrere Millionen Franken geschätzt.

Peter Barandun, CEO von Electrolux, schätzte auch den seinem Unternehmen als Hallenmieter entstandenen Schaden auf einige 100 000 Franken. Die Halle war für die traditionellen Kundenanlässe von Electrolux aufwändig als «Schweizer Landschaft» dekoriert. Fünf dieser Abende mit 250 Gästen haben bereits stattgefunden, weitere fünf sollten noch folgen. Diese müssen nun abgesagt werden. «Hier ist ein grosser emotionaler Schaden entstanden», erklärte Barandun, der anlässlich einer Ad-hoc-Medienkonferenz in Mägenwil aber auch auf Schicksal der Zirkusartisten hinwies, von denen elf ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Electrolux habe Hilfe zugesichert und die Betroffenen vorerst in Hotelzimmern untergebracht.

Die ganze Existenz verbrannte

Auch Clown Roli hat es hart getroffen. Dank Hund Rambo konnte er sein Leben und seinen Wohnwagen retten. Doch ein Lastwagen mit allen Kostümen, Requisiten und über 50 von ihm gesammelten wertvollen Musikinstrumenten wurde ein Raub der Flammen. «Das war meine ganze Existenz», sagte der Clown trocken und fügte hinzu: «Weil wir Komiker sind, müssen wir das mit Humor nehmen. Weinen können wir nicht.»

«Wir sind alle geschockt», sagte Zirkusdirektor Adrian van Gool, dessen Elefantenwagen in der Halle verbrannte. Unklar war für ihn vorerst, wie stark das Material seines Zelts beschädigt wurde. «Wir müssen jetzt alles genau kontrollieren», erklärte van Gool, dessen Zirkus schon ab dem 23. November als Weihnachtszirkus in Genf gastiert. Viel Arbeit bescherte das Feuer aber auch den Brandermittlern der Kantonspolizei, die damit begannen, im riesigen Schuttberg nach der Ursache der Verheerung zu forschen.


«Wir bauen die Halle wieder auf»

Nachgefragt Vianco-Direktor Ivo Wegmann

Herr Wegmann, die Halle der Vianco-Arena ist erst 2003 eröffnet worden. Nun liegt sie in Trümmern. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Ivo Wegmann: Langsam bin ich bereits in der Situation, dass ich wieder nach vorne sehen kann. Denn man kann ja von einem grossen Glück sprechen, dass beim Brand weder Menschen verletzt wurden noch in bedeutendem Ausmass Tiere zu Schaden kamen. Sobald die Brandruine geräumt ist, werden wir bereits wieder an einen Neubau herangehen. Die Vianco-Arena braucht die Halle. Es ist das Kernstück der Arena. Hier finden Veranstaltungen und Tierschauen für die ganze Nordwestschweiz statt. Auch kommerziell ist die Halle für uns von grosser Bedeutung. Gut die Hälfte all unserer Auktionen führen wir in Brunegg durch.

Welche Auswirkungen hat der Brand auf Ihr Unternehmen?

Wegmann: Wir müssen nun kurzfristig Übergangslösungen finden, damit wir unsere Veranstaltungen durchführen können. Etwa mit Zelten. Denn die Stallungen sind ja noch intakt. Die Arena funktioniert auch weiter als Umschlagplatz für unser Vieh. Wir sind im Tierverkehr nicht stark beeinträchtigt.

Müssen Sie nicht auf andere Standorte ausweichen?

Wegmann: Es ist denkbar, dass wir unsere zwei anderen Stand-orte in den Kantonen Thurgau und Luzern beanspruchen müssen. Im reinen Viehumschlagsbereich sind wir aber nicht beeinträchtigt, nur im Event-Bereich. In dem Sinne kann unser Betrieb mit Behelfslösungen weiter funktionieren.

Die rund 130 Rinder und Kühe waren ja zum Teil dem Rauch ausgesetzt. Sind da keine gesundheitlichen Probleme beim Vieh aufgetreten?

Wegmann: Es sieht gar nicht danach aus. Die Tiere sind nicht in Panik ausgebrochen. Es gab keine Beeinträchtigungen. Kein Tier hustet. Ich habe den Eindruck, die Feuerwehr hat hier fantastische Arbeit geleistet.

Könnte es ein Fehler gewesen sein, eine reine Holzhalle gebaut zu haben?

Wegmann: Nein, diese Frage stelle ich mir nicht. Diese Konstruktion war fantastisch. Wir werden wieder eine Holzhalle bauen. Davon bin ich überzeugt. Was heute passiert ist, war ein Unglücksfall. Wir waren extrem zufrieden mit der Halle. (ALF)