Aargauer Zeitung 16. November 2007

Brandausbruch, am Mittwoch, 14. November 2007 am Abend.

WAHRZEICHEN IN FLAMMEN
Das Zimmerleuten-Zunfthaus aus dem 14. Jahrhundert
gehört zu den ältesten Gebäuden der Stadt Zürich.

NADJA HASLINGER/EXPRESS; ALESSANDRO DELLA BELLA/KEYSTONE

Todesfall bei Zunfthausbrand

Zimmerleuten Historisches Wirtshaus am Limmatquai wurde ein Raub der Flammen

Beim Brand des Zunfthauses zur Zimmerleuten am Limmatquai kam ein Feuerwehrmann uns Leben. Das historische Haus wurde weitgehend zerstört.

ALFRED BORTER

Schock bei der Zürcher Feuerwehr: Ein Feuerwehrmann ist gestern bei der Bekämpfung eines verheerenden Brands im historischen Zunfthaus zur Zimmerleuten ums Leben gekommen. Einen Todesfall während eines Einsatzes hatte es in der rund 90-jährigen Geschichte der Feuerwehr der Stadt Zürich noch nie gegeben, wie Stadträtin Esther Maurer als Vorsteherin des Polizeidepartements sichtlich betroffen bekannt gab. Ausserdem wurden sieben Feuerwehrleute verletzt, glücklicherweise nicht allzu schwer.





Mit allen verfügbaren Mitteln

Wie von Rudolf Krauer, Direktor von Schutz und Rettung, und Bereichsleiter Peter Wullschleger zu erfahren war, löste die automatische Brandmeldeanlage, die direkt mit der Brandwache verbunden ist, um 23.28 Uhr einen Einsatz der Feuerwehr aus. Rasch wurde klar, dass es sich um ein Grossereignis handelte, es wurden immer mehr Einsatzkräfte vor Ort beordert. Es ging darum, nicht nur den Brand selber zu löschen, sondern auch die umliegenden Häuser der Altstadt vor einem Übergreifen des Feuers zu bewahren. «Wir waren mit sämtlichen verfügbaren Mitteln dort», sagte Wullschleger, auch Rettungsfahrzeuge wurden am Limmatquai stationiert.

Und diese brauchte man bald: Als nämlich ein dreiköpfiger Trupp andere Kameraden ablöste, die das Feuer im Innern des Zunfthauses bekämpften, stürzte völlig überraschend der Dachstock ein. Zwei Männer wurden von den Balken eingeklemmt. Während einer rasch gerettet werden konnte, kam für den zweiten jede Hilfe zu spät. Durch herumfliegende Teile wurden auch Feuerwehrleute verletzt, die sich vor dem Haus aufhielten.

Unwirkliche Szenerie

Beim ums Leben gekommenen Feuerwehrmann habe es sich um einen umsichtigen und erfahrenen Truppführer gehandelt, sagte Kramer. Er habe schon mehrere tausend Einsätze geleistet. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

Peter Wullschleger erwähnte, er habe es fast nicht glauben können, was er sah, als er das Haus betrat. Im Restaurant im ersten Stock war alles noch unversehrt, die Gedecke waren schon für die nächsten Gäste vorbereitet; die schön gefalteten weissen Servietten fielen ihm besonders auf. Und einen Stock höher herrschte das Chaos mit all den verkohlten Balken.

Die Feuerwehr versuchte den ganzen Tag über, die letzten Brandnester zu finden und unschädlich zu machen. Rauchschwaden, vermischt mit Löschwasserdampf, zogen gegen das Grossmünster. Das Haus selber konnte am Nachmittag, nachdem sich zwei Kamine leicht in Richtung Limmatquai geneigt hatten, nicht mehr betreten werden. Aber das Zunfthaus zum Rüden gleich daneben hatte keinen Schaden genommen. Sogar die drei Fahnen über dem Eingang wiesen keine Brandspuren auf, sie flatterten im Wind, wie wenn nichts gewesen wäre.



Das Limmatquai verliert sein Gesicht

Zürich Zunfthaus soll wieder aufgebaut werden – Denkmalpflege will retten, was zu retten ist

Der kulturhistorische Verlust des vom Feuer teilweise zerstörten Gebäudes zur Zimmerleuten ist immens. Noch ist die Zunft mit der Schadensbilanz beschäftigt, doch sie denkt auch bereits über einen Wiederaufbau nach.

JüRG KREBS

Der historische, 1708 erstellte Zunftsaal zur Zimmerleuten ist zerstört. So viel ist klar. Wie viel sonst von kulturhistorischem Wert durch das Feuer vernichtet wurde, stand gestern noch nicht fest. «Wir müssen uns erst einmal im Gebäude umsehen können», erklärte Philippe Blangey, Vorsteher der Zunft zur Zimmerleuten. Der Tresor mit dem Zunftschatz blieb offenbar unversehrt. Unklar ist allerdings, inwieweit historische Dokumente ein Opfer der Flammen wurden. Diese «materiellen Werte» seien angesichts des Todes des Feuerfehrmannes aber nicht so wichtig, so Blangey. Trotzdem blickt auch die Zunftvorsteherschaft in die Zukunft. Ziel ist es laut Blangey, das Domizil der Zimmerleute wieder aufzubauen. «Sehr rührend» sind laut Blangey die Hilfsangebote anderer Zünfte. Diese wollen sowohl bei der Bewältigung der Katastrophe Hand bieten als auch Unterkunft zur Verfügung stellen. Über das weitere Vorgehen wird in den nächsten Tagen entschieden.

Das abgebrannte Gebäude zur Zimmerleuten wurde erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt. Seit etwa 450 Jahren ist das Gebäude im Besitz der Zunft, wie auf der Homepage nachzulesen ist. 1708 wurde beschlossen, den hölzernen Vorbau abzubrechen und durch einen um ein Geschoss höheren Steinbau zu ersetzen. Die Innenausstattung des Gebäudes wurde bereits im 18. Jahrhundert als Meisterstück betrachtet. Entsprechend traurig zeigt sich Peter Baumgartner, Stellvertretender Denkmalpfleger beim Kanton Zürich: «Das Haus ist ein ganz, ganz wichtiges kulturhistorisches Objekt.» Es gehörte zu den wichtigsten Schutzobjekten des Kantons. Der Verlust für Zürich sei vergleichbar mit jenem der Kapellbrücke in Luzern. Die Zerstörung des barocken Interieurs, namentlich von Parkett, Täferung und Holzdecke im Zunftsaal, sei bitter, so Baumgartner. So bald als möglich werde er prüfen, ob historisch Bedeutendes aus den Trümmern gerettet werden könne. Es gebe genug Unterlagen, um Gebäude und Saal wieder herzustellen. Jedoch: «Der Verlust des Originals ist nicht aufzuwiegen.» Eine Kopie könne noch so gut sein, sie bleibe eine Kopie. Das Haus zur Zimmerleuten war nicht nur Domizil einer Zunft, sondern Teil der Flusspromenade. Deshalb sagt Baumgartner: «Das Limmatquai verliert ein Teil seines Gesichts.»

Aargauerzeitung 17. November 2007
Aargauer Zeitung 17. November 2007

Der Brand brach in einem Dachstock-Zimmer aus

Zunfthaus zur Zimmerleuten Nach 30 Stunden war das Feuer gelöscht – die Brandursache ist laut Polizeiangaben noch unklar



GESPENSTISCH Das Feuer ist gelöscht. Vom Zunfthaus bleibt eine Brandruine.
Ein Feuerwehrmann starb.
STEFFEN SCHMIDT/KEYSTONE

Nach rund 30 Stunden ist gestern der Brand im Zürcher Zunfthaus zur Zimmerleuten endgültig gelöscht worden. Die Ermittlung der Brandursache hat begonnen.

Bevor das Feuer im historischen Zunftgebäude, dessen Wurzeln in die Mitte des 14. Jahrhunderts zurückreichen, gelöscht werden konnte, waren in der Nacht zum Freitag weiterhin 20 Angehörige der Berufs- und der Freiwilligen Feuerwehr mit dem Tilgen letzter Glutnester beschäftigt, wie Patrick Mauron, Sprecher der städtischen Dienstabteilung Schutz & Rettung Zürich, auf Anfrage sagte. Zudem wurden ausgebrannte Überreste des uralten Dachstocks weggeräumt. Laut Mauron wurden zwei Spezialkrane eingesetzt. Weiterhin hielten Feuerwehrleute Brandwache. Das Limmatquai wurde am Nachmittag gegen 14.30 Uhr wieder für den Verkehr freigegeben, wie die Polizei mitteilte.

Historische Dokumente, Fahnen und Laternen vernichtet

Im Lauf des Morgens begannen die polizeilichen Ermittlungen über die Brandursache und den Brandherd. Laut ersten Erkenntnissen der Spezialisten der Kantonspolizei Zürich dürfte das Feuer in einem Zimmer im Dachstock oberhalb des Zunftsaales ausgebrochen sein, wie es in der Mitteilung heisst.

Die Abklärungen der Brandursache dürften gemäss Polizeiangaben mehrere Tage in Anspruch nehmen. Die Schadenssumme könne weiterhin nicht beziffert werden.

Dem Feuer, das am späten Mittwochabend ausgebrochen war, fiel auch der prachtvolle Zunftsaal aus dem Jahre 1708 im zweiten Stockwerk zum Opfer. Die Restauranträume in den unteren Geschossen wurden vom Feuer nicht beeinträchtigt, erlitten aber starke Rauch- und Wasserschäden, wie Philippe Blangey, Mitglied der Zunftvorsteherschaft, auf Anfrage sagte. Das Gebäude gehört seit 1459 der Zunft zur Zimmerleuten.

Der Brand vernichtete laut Blangey auch historische Dokumente sowie Kostüme, Fahnen und Laternen. Der Zunftschatz – vorwiegend persönliche Silberbecher der meisten Zunftmitglieder – sei nicht beschädigt worden, weil er in dem vom Brand verschonten Hinterhaus aufbewahrt worden sei. Blangey sagte, bis die Sachschäden ermittelt seien, dürfte es Tage oder Wochen dauern.

Er bekräftigte den Willen der Zunft, das Zunfthaus wieder aufzubauen.
(AP)